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Erinnerungen

Neun künstlerische Positionen


Udo R. Bruening
Klaus Erich Dietl

Christiane Engel

Markus Frohnhöfer
Petra Göhringer Machleid
Jürgen Klugmann

Peter Möller

Michael Ott

Anja Sonnenburg


24. Februar bis 1. April 2012

Einführung: Katja Neumann, M.A.

Manchmal reicht ein Wort, eine Stimme, ein Duft oder eine Farbe und wir tauchen auf rätselhafte Weise in eine Erinnerung ein. Verlassen das Hier und Jetzt und reisen in die Vergangenheit. Erinnern uns an Orte, Personen, Erfahrungen und Erlebnisse. Neben diesen unerwarteten, oft überraschenden Erinnerungen, gibt es die, die wir bewusst suchen. Die wir als „Spurensuchende“  nutzen, um zu enthüllen, zu vergegenwärtigen, zu gedenken und lebendig zu machen. Wenn auch bruchstückhaft oder auch oft fehlerhaft, die Fähigkeit, lebensgeschichtliche Erfahrungen als eigene Vergangenheit zu rekonstruieren, ist das, was unsere Identität ausmacht. Neben dem autobiografischen Erinnern, schöpfen wir alle aus einem Fundus kollektiver und kultureller Erinnerungen - einem gesellschaftlichen Prozess der Retrospektive, der von zentraler und konstituierender Bedeutung für unsere Gegenwart und Zukunft ist. Auch Kunst ist an dem Prozess der Erinnerungskultur beteiligt. Welcher Ausdrucksformen sie sich bedient und wie sie Erinnerung thematisiert, diese Frage stellt sich die Ausstellung. Wie wird das Vergessene, das oft Abseitige und Marginalisierte in den Mittelpunkt gestellt? Auf welche Weise funktioniert das Kunstwerk als eine Art Speicherungsform des Erinnerns? Die 9 hier vertretenen Künstlerpositionen möchte ich Ihnen kurz vorstellen:

Jürgen Klugmann

Foto: Jürgen Klugmann

Von Jürgen Klugmann stammt das kleinformatige Tafelbild aus dem Werkzyklus „die Vergessenen“. Ausgangspunkt von Klugmanns Arbeit war eine zufällig gefundene Fotomappe, die im Altpapier entsorgt worden war. Der Künstler arbeitete mit Ausschnitten aus den Bildern, malte die fotografierten Gesichter isoliert mit Tusche nach und übermalte diese wieder mit mehreren verschiedenfarbigen Schichten von Acrylfarbe.Ein spannender Prozess, der mit den beiden Polen Vergessen und Erinnern spielt: Einerseits wird einer namenlosen, unbekannten Person ein Gesicht und eine Präsenz verliehen, andererseits werden die Gesichtszüge durch die Überlagerungen unleserlich – die Person scheint zu verschwinden und wieder in Vergessenheit zu geraten.

Klaus Erich Dietl/Stefanie Müller

Foto: Klaus Erich Dietl

Klaus Erich Dietls und Stefanie Müllers Arbeit „memory“ beschäftigt sich mit den Schwierigkeiten des Erinnerns. Anhand von 87 verfremdeten Bildkarten wird der Betrachter zum spielerischen Kombinieren eingeladen. Durch Überarbeitung der Karten wird die ursprüngliche Bildinformation verändert oder durch eine „Entkernung“ der Karte gänzlich unkenntlich gemacht - der „Spieler“ hat Mühe die doppelten Paare zuzuordnen und in Beziehung zueinander zu setzten. Das Scheitern der eigentlichen Kombinationsmöglichkeit, das die Künstler hier implizieren, soll den Erinnerungsverlust bei Gedächtnisstörungen und Demenz nachempfinden und thematisieren.

Markus Frohnhöfer

Foto: Markus Frohnhöfer

Scheinen es auf den ersten Eindruck abstrakte Bilder zu sein, so sind Markus Frohnhöfers Arbeiten tatsächlich großformatige Collagen bestehend aus Bildfragmenten, die dem „Spiegel“-Magazin entnommen sind. Aus dem Kontext gerissen, entsteht aus einer Vielzahl heterogener Elemente ein neues homogenes Ganzes. Aus der Menge der Einzelfragmente entsteht eine neue „richtungslose, vieldeutige Lesbarkeit“, die aufzeigen soll, dass Erinnerung  - sowohl individuell als auch  kollektiv - nicht statisch und eindeutig, sondern variabel und relativ ist.Zu sehen sind eine Originalarbeit sowie ein großformatiger FineArtprint.

Christiane Engel

Foto: Christiane Engels

Christiane Engels Arbeit besteht aus 18 Fotografien, 9 SW-Aufnahmen aus dem Jahr 1990 und Farbfotografien aus den Jahren 2010-2011. Porträtiert sind unterdessen verstorbene Menschen aus der Heimat der Künstlerin. Kombiniert werden die Personendarstellungen mit Farbaufnahmen von Landschaften, Natur und Innenräumen - sie verweisen quasi als Erinnerungsträger auf Begegnungen, Orte und Beziehungen. Engels Fotografien sind eine subjektive Aneignung der Vergangenheit - der Versuch, sich ein Stück der eigenen Biographie, die eng mit den dargestellten Personen und ihrem Umfeld verbunden ist, zu bewahren.

Petra Göhringer Machleid

Foto: Petra Göhringer Machleid

Die aus Ettenheim stammende Petra Göhringer Machleid ist hier mit der Arbeit „Litfass II“ vertreten. Die Künstlerin verwendet dicke Schichten von bedrucktem Papier, die einst auf Litfasssäulen klebten. Das schwere Material – dicke  Lagen von Zellulose, Druckerschwärze und Leim  - schneidet, trennt und biegt die Bildhauerin. Interessant macht die Arbeit  - quasi eine  „geschichtete Erinnerung“ an angekündigten Ereignissen -  ihre Ambivalenz: Einerseits die zäh miteinander verklebten Blätter, die ihren Inhalt verbergen und andererseits die fast locker aufeinander liegenden, aufgefächerten Lagen, auf denen Text- und Bildfragmente noch sichtbar sind.

Anja Sonnenburg

Foto: Anja Sonnenburg

„Schlagzeilen“ ist der Titel von Anja Sonnenburgs Arbeit. Die Berliner Künstlerin überschrieb im Laufe eines Jahres den Bildträger immer wieder mit den aktuellen Nachrichten der Tagesschau. Diese medialen Informationen werden in eine ästhetische Grafik überführt. Flüchtige Bilder und rasch wechselnde Meldungen manifestieren sich im geschriebenen Wort und werden, ohne dass sie vollständig lesbar sind, vergegenwärtigt  und dem Vergessen entzogen.

Udo Bruening

Foto: Udo Bruening

Udo Bruening stellt hier ein Objekt mit dem Titel „Monat für Monat“ aus. Auf Pin-Klötzen wurden Monat für Monat Sprüche, Ideen, Zitate und Zeichnungen aufgesteckt.  Diese fixierten  Erinnerungen bilden einen 12-teiligen, offen lesbaren Jahreskreis der Erinnerungen.

Peter Möller

Foto: Peter Möller

Peter Möllers Arbeit ist während eines Stipendiums in den Niederlanden entstanden. Die Bleistiftzeichnung, deren Umrisse sich der Zeichnung anpassen, zeigt einen Milchwirtschaftsbetrieb. Die vielschichtige und filigrane Architekturzeichnung zeigt in ungewohnten Perspektiven ineinander verschachtelte Räume. Die zeichnerische Bestandsaufnahme gewährt Einblick in und auf menschenleere Lebens- und Wirtschaftsräume und reflektiert das zunehmende Verschwinden von landwirtschaftlichen Betrieben in den Niederlanden.

Michael Ott

Foto: Michael Ott

Der in Freiburg lebende Künstler Michael Ott beschäftigt sich seit 2006 mit der Arbeitsreihe „Erinnerungen“. Seine Installation besteht sowohl aus Film- als auch Fotomaterial, das auf mehreren Ebenen „lesbar“ ist. Einerseits stellen die mit einer Lochkamera aufgenommenen Fotografien im Gegensatz zum Medium Film ein Art Reminiszenz an frühe Techniken der Fotografie dar. Andererseits spielt Ott mit der Spannung zwischen unbewegtem und bewegtem Bild. Die Filme, die Ott ohne Schnitte und rasche Bildfolgen dreht, entsprechen der Belichtungszeit der Fotografie. Sie halten das Geschehen während der Aufnahme fest. Die Arbeiten erinnern an Geschichten und Erlebnisse, die Alltägliches durch ein Innehalten wahrnehmen und festhalten.

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